Mit der Heldenreise einen spannenden Handlungsverlauf entwickeln
Die Heldenreise wird von viele Autor*innen und Dramaturg*innen genutzt, um Geschichten spannender und intensiver zu machen. Die Heldenreise ist ein universelles menschliches Erfahrungsmuster und zugleich ein erprobtes Geschichtenmodell, das nicht nur in Hollywood sehr beliebt ist.
Die Heldenreise beschreibt eine universelle Erfahrung der Menschen: Ein Held oder eine Heldin ziehen aus und haben eine Reihe von Abenteuern zu bestehen. Sie müssen Probleme bewältigen, innere und äußere Schlachten schlagen, auf unerwartete Wendungen reagieren. Viele Legenden wie die Odyssee von Homer sind schon nach diesem Grundmuster erzählt worden. Und bis heute haben sie ihre Faszination auf den Menschen nicht verloren.
Zahlreiche Autor*innen von Büchern und Drehbüchern nutzen die Heldenreise als Erzählmuster, um beim Plotten und Überarbeiten einen guten Spannungsbogen hinzukriegen. Wer ein spannendes Buch schreiben möchte mit starken Figuren, kann mit der Heldenreise den Handlungsverlauf dramatisieren und zuspitzen. Auch wenn man ein Kinderbuch schreiben möchte, kann die Heldenreise sehr hilfreich sein. Es gibt mehrere Varianten von der Heldenreise als Erzählmuster – ich stelle hier eine Version vor, die auf Christopher Vogler zurückgeht. Sein Buch gilt als Standardwerk für alle Autor*innen.
Christopher Vogler: Die Odyssee der Drehbuchschreiber, Romanautoren und Dramatiker. Mythologische Grundmuster der Heldenreise für Schriftsteller. Autorenhaus Verlag 2018.
Die 12 Stadien der Heldenreise
1. Gewohnte Welt
Der Held (oder die Heldin) wird vorgestellt mit seiner Welt, in der er lebt.
2. Ruf des Abenteuers
Ein Ereignis reißt den Helden aus seinem gewohnten Leben.
3. Weigerung
Zunächst verweigert sich der Held der angedrohten Veränderung. Manchmal hindern ihn auch innere und/oder äußere Widerstände.
4. Begegnung mit dem Mentor
Der Held ist entschlossen, sich auf den Weg zu machen. Oft tritt ein Mentor an seine Seite, der ihm beisteht.
5. Überschreiten der ersten Schwelle
Der Held macht sich auf die Reise und muss die ersten Prüfungen bestehen.
6. Bewährungsproben, Verbündete und Feinde
Der Held dringt immer weiter auf unbekanntes Gebiet vor. Auf seinem Weg findet er Verbündete und erkennt seine Feinde.
7. Vordringen zur tiefsten Höhle
Der Held begreift, dass es nun um Leben oder Tod geht. Er muss sich entscheiden und danach gibt es keinen Weg zurück mehr.
8. Entscheidende Prüfung
Der Held trifft auf seinen größten Feind und scheitert – die schlimmstmögliche Wendung ist eingetreten. Das Geheimnis dieser Prüfung: Helden müssen sterben, damit sie wiedergeboren werden können.
9. Belohnung: Ergreifen des Schwertes
Der Held erhält die Waffe oder das Elixier, mit dem der Kampf möglich wird.
10. Rückweg
Ein letzter Kampf steht bevor: Die Vorbereitungen beginnen für den Showdown.
11. Auferstehung
Showdown: Die letzte Schlacht führt den Helden an den Rand des Todes – alles scheint verloren. Da gelingt es ihm, das Blatt zu wenden: Es kommt zur Auferstehung des Helden.
12. Rückkehr mit Elixier
Am Ende ist der Held persönlich gereift und befindet sich in einer neuen Situation. Er hat von seiner Reise etwas Entscheidendes mitgebracht: Erfahrungen, Macht, ein Schatz oder die große Liebe.
Mit der Heldenreise spannende Plots entwickeln
Gute Bücher brauchen einen Spannungsbogen, der gleich zu Beginn die Leser*innen in die Geschichte hineinzieht und dann über mehrere hundert Seiten das Interesse an der Geschichte wach hält. Um das für die eigene Geschichte hinzukriegen, kann man die Erzählmuster wie den Dreiakter und die Heldenreise nutzen. Mit diesen können Autor*innen den Spannungsbogen ihres Plots überprüfen und verbessern.
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Die Entstehung der Heldenreise
Schon seit Jahrhunderten beschäftigen sich Forscher*innen und Geschichtenerzähler*innen mit der Struktur und den Inhalten von Geschichten: Was wird erzählt und wie wird es erzählt? Sie haben dabei verschiedene Erzählmuster beschrieben, die je nach Standpunkt und eigenem Interesse entweder zur Analyse existierender Geschichten oder für die Planung eigener Geschichten dienen.
Das bekannteste Erzählmuster geht auf den griechischen Philosophen Aristoteles zurück. Im 4. Jahrhundert vor Christus beschreibt er in seinem Buch „Poetik“ die Dreiaktstruktur von Dramen. Im Laufe der Jahrhunderte wurde dieses Erzählmuster von verschiedenen Dramatikern weiterentwickelt. So entstand daraus das Fünfaktmodell, das der deutsche Schriftsteller Gustav Freytag 1863 in seinem Buch „Technik des Dramas“ erläutert. Freytags Publikation wurde zu einem der wichtigsten dramaturgischen Lehrbücher seiner Zeit.
Ein Jahrhundert später stellte der US-amerikanische Professor und Autor Joseph Campbell ein gänzlich anderes Erzählmuster von Geschichten vor, das heute sehr weite Verbreitung gefunden hat: die Heldenreise. Campbell war ein Mythenforscher, der die überlieferten Geschichten vieler Völker der Erde untersuchte. Dabei analysierte er die Gemeinsamkeiten zwischen den Mythen der verschiedensten Kulturkreise. Er veröffentlichte 1949 das Buch „The Hero with a Thousand Faces“ und schildert darin das Erzählmuster, das all diese Geschichten miteinander verbindet.
Die Heldenreise ist ein universelles menschliches Erfahrungsmuster, das sich in allen Mythologien der Erde nachweisen lässt. Und damit ist es zugleich ein jahrhundertealtes und vielfach erprobtes Erzählmuster. Denn Mythen werden über Jahrhunderte mündlich überliefert und nur die Geschichten überdauern die Zeiten, die das Publikum wirklich liebt. Mit der Heldenreise hat Campbell ein bewährtes Grundmuster von Geschichten anschaulich gemacht.
Einige Jahre nach dem Erscheinen von Campbells Buch griff der US-amerikanische Drehbuchautor Christopher Vogler das Prinzip der Heldenreise auf. Vogler arbeitete für die Entwicklungsabteilungen der 20th Century Fox, Walt Disney Studios und Paramount Pictures. Schon als Student beschäftigte er sich intensiv mit den Prinzipien des Geschichtenerzählens und besonders Campbells Buch hatte es ihm angetan. Damals kam gerade „Star Wars“ von George Lucas in die Kinos und Campbells Heldenreise verriet Vogler, warum dieses Heldenepos so einen Erfolg hatte. Erst später erfuhr er, dass auch George Lucas die Heldenreise von Campbell kannte und in seinem Film konsequent umgesetzt hatte.
Vogler wandte die Heldenreise als Erzählmuster auf den Film an und veröffentlichte im Jahr 1997 sein Lehrbuch „The Writer’s Journey – Mythic Structure For Writers“ (deutscher Titel: Die Odyssee der Drehbuchschreiber, Romanautoren und Dramatiker. Mythologische Grundmuster der Heldenreise für Schriftsteller. Autorenhaus Verlag 2018). Darin erläutert der Dramaturg anhand von vielen Beispielen, wie die Heldenreise bei der Entwicklung von Filmstoffen eingesetzt werden kann. Voglers Buch gilt bis heute für alle Autor*innen als Standardwerk. Gerade wenn man einen Roman schreiben möchte, ist die Heldenreise ein wertvolles Hilfsmittel.
In den 1980er und 1990er Jahren wurde an den Filmhochschulen vor allem der Dreiakter und der Fünfakter gelehrt. Heute hat die Heldenreise ebenfalls weite Verbreitung gefunden und wird meist ergänzend eingesetzt. Denn während die Erzählmuster nach Aristoteles vor allem den Handlungsablauf berücksichtigen, konzentriert sich die Heldenreise auf die emotionale und geistige Entwicklung der Hauptfigur.
Bis heute sind viele Hollywoodfilme nach dem Grundmuster der Heldenreise entstanden, beispielsweise „Pretty Woman“, „Das Schweigen der Lämmer“ oder „Die Schöne und das Biest“. Auch beim Fernsehen nutzen viele Drehbuchautor*innen dieses Modell. Doch die Heldenreise findet nicht nur als Erzählmuster für Filme und Bücher Anwendung. Sie wird inzwischen auch in vielen anderen Bereichen angewandt wie Persönlichkeitsentwicklung, Wissensmanagement und Marketing.
In meinen Video zur Heldenreise stelle ich die Heldenreise mit seinen 12 Stadien kurz vor und zeige, wie man mit der Heldenreise als Erzählmuster seine eigenen Geschichten verbessern kann. Am Beispiel des Märchens “Der Froschkönig” beschreibe ich, wie sich die Stadien in alten Geschichten wiederfinden lassen.
Die Heldenreise im Podcast
Ein sehr informativer Radiobeitrag zur Heldenreise ist auf den Seiten des Bayerischen Rundfunks zu finden: „Die Heldenreise – Typologie einer Erzählung“. Dieser Beitrag lässt durch die vielen anschaulichen Filmbeispiele das Erzählmuster der Heldenreise sehr lebendig werden.
Weitere Versionen der Heldenreise
Im Internet finden sich viele weitere Versionen der Heldenreise und auch Erläuterungen dazu. Hier nur eine kleine Auswahl:
In der deutschsprachigen Wikipedia werden drei Versionen der Heldenreise vorgestellt, die ganz kurz anhand von wenigen Stichworten beschrieben sind. Eine der Versionen geht auf den Mythenforscher Joseph Campbell zurück, eine andere auf den Drehbuchautor Christopher Vogler und eine auf den Filmproduzenten Blake Snyder.
In der englischsprachigen Wikipedia wird die Heldenreise sehr ausführlich erläutert. Auch diese Version geht auf den US-amerikanischen Mythenforscher Joseph Campbell zurück. Die Beschreibungen machen deutlich, dass bei der Heldenreise die geistige und emotionale Entwicklung des Helden im Mittelpunkt steht. Außerdem findet sich dort dieses Schaubild, das eine kreisförmige Variante der Heldenreise zeigt (um es größer zu sehen, einfach auf das Bild klicken).
Vielen herzlichen Dank für die Heldenreise und die Links.
Ich freue mich riesig, die Heldenreise einmal einfach erklärt zu bekommen und dass sogar die Entstehung eines Buches seine Heldenreise hat.
Vielen Dank für diesen hilfreichen Beitrag.
Durch diese klare schrittweise Unterstützung habe ich die Struktur/Heldenreise für mein erstes Buch erstellt.
Jetzt geht es an die weitere Ausarbeitung der Texte…